Die Stoa

Die Lehre der Stoiker, die Stoa oder der Stoizismus

Um 300 vor Christi Geburt gründete Zenon von Kition in Athen eine Denkschule, die sich etwa 6 Jahrhunderte hielt. Während dieser Zeit erfuhr die Lehre eine Reihe von Anpassungen an erweitertes Wissen und veränderte gesellschaftliche Verhältnisse.

Die drei Kernbereiche des stoischen Lehrgebäudes sind die Physik, die sich mit dem Kosmos und den Dingen im Kosmos befasst, die Logik, die auf Erkenntnis, Erklärung und Beweisführung gerichtet ist, sowie die Ethik, die sich mit dem menschlichen Leben beschäftigt und das Zentrum der stoischen Philosophie bildet.

Die Stoiker legten besonderen Wert auf eine ganzheitliche Betrachtung des Kosmos aus der sich alle Naturerscheinungen und natürlichen Zusammenhänge innerhalb ihres Weltbildes ableiten ließen. Sie sahen hinter diesem gesamtheitlichen System – ein auf alles wirkendes „universelles Prinzip“, eine Vorsehung, eine alles bestimmende Instanz, eine göttliche aber unpersönliche Macht, welches insbesondere auch das menschliche Leben vorbestimmt. Sehr schön hat dies Marc Aurel zusammengefasst:

„Alles ist wie durch ein heiliges Band miteinander verflochten. Nahezu nichts ist sich fremd. Alles Geschaffene ist einander beigeordnet und zielt auf die Harmonie derselben Welt. Aus allem zusammengesetzt ist eine Welt vorhanden, ein Gott, alles durchdringend, ein Körperstoff, ein Gesetz, eine Vernunft, allen vernünftigen Wesen gemein, und eine Wahrheit, so wie es auch eine Vollkommenheit für all diese verwandten, derselben Vernunft teilhaftigen Wesen gibt.“
(Zitat: https://de.wikipedia.org/wiki/Stoa, Abschnitt Physik und Kosmologie)

Für den Stoiker als einzelnen Menschen gilt es, seinen Platz in dieser Ordnung zu erkennen und auszufüllen, indem er durch die Einübung emotionaler Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren lernt und mit Hilfe von Gelassenheit und Seelenruhe nach Weisheit strebt.

Der religiöse Charakter der Stoa

Aus dem oben dargestellten ist klar erkennbar, dass im Hintergrund allen Geschehens eine göttliche Macht steht. Diese Macht ist zwar nicht als eine persönliche Macht (Gottvater, Gottsohn) und Heiliger Geist im Sinne des christlichen Gottes zu verstehen, sondern pantheistisch, in denen „Gott“ und Welt oder „Gott“ und Natur gleichgesetzt werden. (Sehr einfach gesagt: Alles ist Gott)

Wegen dieses religiösen Charakters der Stoa ist es nicht verwunderlich, dass sich nicht erst seit der „Renaissance“ (im 14. und 15. Jahrhundert ) an bis heute wirkmächtige Spuren im Gedankengut der Philosophie wiederfinden, sondern schon im frühen, antiken Christentum. Dies erscheint deshalb nicht besonders bemerkenswert, weil sich viele, jedoch nicht alle Denkschulen (Philosophien) und Religionen in ständiger Anpassungsbewegung befinden. Das heißt: Alte Gedanken werden aufgegriffen, mit neuem Wissen und neuen oder anderen Denkansätzen in Einklang gebracht, sowie Elemente unterschiedlicher Positionen miteinander verbunden (Eklektizismus).

Da in der stoischen Lehre wie auch im Christentum eine „allumfassende Macht auftritt, die alles, auch das menschliche Leben im Hintergrund bestimmt, konnten die Christen in der Antike viele Ansätze der stoischen Denkschule leicht in ihre Lehre übernehmen. So kam es in Fragen von Ethik und Moral zu einem beachtlichen Verschmelzungsprozess, der stoische Elemente in christliche Lebensart überführte. Mit dem Aufstieg des Christentums verlor der Stoizismus aber schließlich erheblich an Bedeutung.

Kausalität, Freier Wille und Verantwortlichkeit

Die Stoiker sind von der strengen Kausalität allen Geschehens überzeugt. Was immer in der Welt und unter Menschen vorkommt, beruht auf einer lückenlosen Kausalkette. Damit darf man die stoische Denkweise als deterministisch bezeichnen.

Bertrand Russell weist in seinem Werk „Philosophie des Abendlandes“ auf ein Hauptproblem der stoischen Denkweise hin wenn er bemerkt, dass,

Wenn die Welt vollkommen deterministisch ist, dann werden die Naturgesetze bestimmen, ob ich tugendhaft sein werde oder nicht.

Da insbesondere ja auch zukünftige Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind hat der Mensch keinen wirklich freien Willen und damit keine Verantwortung für sein Handeln. Russells Bilanz ist aus diesem Grund vernichtend, was leicht nachvollziehbar ist.

Solche Kritik gab es jedoch schon seit den Anfängen der stoischen Philosophie. Zu Fragen nach der individuellen Handlungsfreiheit und moralischen Verantwortlichkeit hat sich bereits der Mitbegründer der stoischen Lehre, Chrysippos von Soli, geäußert. Er legte seine Auffassung nach der Verantwortlichkeit des Menschen für sein Tun am Beispiel von Triebregung und Verhaltenskonsequenz dar. Die Vernunft des Menschen gibt ihm die Möglichkeit und stellt ihn vor die Aufgabe, die mit der Triebregung verbundene Vorstellung zu prüfen und darüber zu befinden, ob ihr zu folgen oder ob sie zurück zuweisen ist.

Exkurs: Das Gelassenheitsgebet in der modernen christlichen Welt

Wie Russell (siehe oben) abwertend darstellt, ist der einzelne Mensch wegen seiner „Gottergebenheit“, in der stoischen Lehre, konsequent angewendet, garnicht in der Lage, nur diejenigen Dinge ändern zu wollen die in der eigenen Macht stehen – weil alles von Gott „kommt“ oder“ ist“. Da auch die Christen im Glaubenskern“gottergeben“ sind hat die Frage nach dem „freien Willen“ sehr viele Theologen beschäftigt , unter anderem Martin Luther in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen„.

In der heutigen Zeit (nach dem 2. Weltkrieg) wird gern das „Gelassenheitsgebet“ zitiert:

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Sehr oft wird dieses Gebet Franz von Assisi, gar Augustinus von Hippo oder anderen zugeschrieben. Tatsächlich stammt es aber von dem amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr.

Mein derzeitiges Fazit: Gelassenheit findet in der Stoa, wer streng determiniert denkt und an eine allumfassende Macht glaubt. Welche ethischen Vorstellungen sich aus der Stoa ableiten lassen, bleibt noch zu untersuchen.

Noch in Bearbeitung!

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